…auf ihrem Weg zum Horizont
Punkt 5 Uhr klingelte an diesem ersten, bitterkalten Tag in Göreme der Wecker. Der Host unserer Unterkunft empfahl uns zwischen 5.30 und 6 Uhr auf der Dachterrasse zu sein, um dem Heißluftballon-Spektakel rechtzeitig beiwohnen zu können. Also standen wir ab 5.40 Uhr bei 6 Grad auf dem hübsch dekorierten Dach unseres Hostels und warteten gespannt auf die ersten Heißluftballons, die ihren Weg gen Himmel ebnen sollten.
Zumindest ich wartete voller Vorfreude auf das mit Spannung erwartete, morgendliche Treiben in Göreme. Lisa hingegen saß etwas grumpy im geschlossenen Restaurant der Terrasse, als die ersten Heißluftballons in den Himmel stiegen, für sie waren es eben „nur“ Heißluftballons.
Mich hingegen faszinierte das Geschehen sehr, die vielen, bunten Farben der Ballons und im Hintergrund die traumhafte Lava-Landschaft von Kappadokien. Lisa war es zu kalt und noch zu dunkel, da die Sonne gerade erst am aufgehen war, traute sich dann aber wenig später auch heraus. Ich fing unterdessen das Szenario vor dem Herz unserer Sitzecke ein.
Auf diesem Herz posierte über einen Zeitraum von einer Stunde eine aufreizend, leicht bekleidete Frau. Für ein paar (tausend) Fotos für ihr Instagram Profil räkelte sie sich in einem dünnen Kleid bei besagten 6 Grad Celsius auf dem Herz hin und her. Es könnte auch OnlyFans gewesen sein. Ich für meinen Teil werde kein Fan.
Nach dem frühen Aufstehen wollten wir uns, nachdem alle 99 Heißluftballons gestartet waren (in Wirklichkeit ca. 200), für eine Wanderung fertig machen, schafften es aber tatsächlich beide noch mal im Bett einzuschlafen.
Die Peniswanderung zur Burg Uchisar
Als wir zum zweiten Mal an diesem Tag erwachten, stellten wir beim Frühstück leider fest, dass eine Ballonfahrt aktuell ca. 500 Euro pro Person kostet. Für mich war das ein harter Schlag, sollte die Ballonfahrt in Kappadokien das Highlight meines Türkei Urlaubs werden. Aber 500 Euro für eine Stunde Heißluftballon war auch mir zu viel. Problem an der Sache war, dass es die 2-3 Tage zuvor geregnet hat und daher keine Heißluftballons abheben konnten. Somit macht sich an den Tagen danach das Angebot und Nachfrage Prinzip bemerkbar und die Preise schießen von normalerweise 100-150 Euro pro Kopf in die Höhe. Ich denke 200-250 wäre meine absolute Schmerzgrenze gewesen, aber nicht das Doppelte, sehr traurig.
Das sollte aber meiner Laune keinen Abbruch tun und auch Lisas Laune war nach dem Essen, ein bisschen guter Musik und den morgendlichen Ritualen wieder on Point.
Über die Webseite Alltrails haben wir uns einen 12 km langen Wanderweg herausgesucht, der uns durch das Love Valley bis hin zur Burg Uchisar führen sollte. Den Namen Love Valley erhielt das Tal durch die an das männlichen Geschlechtsorgan erinnernden Gesteinsformationen.
Lisa hat es besonders gut dort gefallen..
..weil man beim Wandern einen Mix aus abenteuerlichem Weg und ein bisschen Klettern über die Steine hatte. Auch mir hat es große Freude bereite dort zu wandern.
In Uchisar angekommen war das erste Ziel die Burg, die wir schon vom Ortseingang aus auf dem höchsten Punkt erblicken konnten.
Um einen Ausblick über die Weiten von Kappadokien zu erhaschen, musste die Burg selbstverständlich auch zu Fuß bestiegen werden. Lisa nutzte während unseres Aufstiegs über einige Treppen, gezielt sinnlose Fragen um genug Pausen machen zu können, da sie spürte, ich wäre das am Liebsten in einem Rutsch hoch gegangen. Aber ich durchschaute ihren genialen Plan nach kurzer Zeit – eins, zwei Pausen machten wir aber natürlich trotzdem.
Da wir auf dem Weg zur Burg schon ein paar süße Cafés erspäht hatten, setzten wir uns nach dem Abstieg in eines mit einer hervorragenden Aussicht und einem super freundlichen Service. On top hatte sich Lisa einen Pistazienkaffee bestellt, der sich geschmacklich in das Gesamtbild des charmanten Cafés einreihte.
Der Rückweg nach Göreme gestaltete sich etwas schwieriger, da wir plötzlich Mitten im Nirgendwo standen und der Sonnenuntergang näher zu kommen drohte. Die Freude an ein paar lustigen Schattenspielen ließen wir uns aber nicht nehmen.
Wir waren uns einig, dass es keine allzu grandiose Idee ist auf den Felsformationen im Dunkeln rumzuturnen, vor allem da man hin und wieder auch beide Hände braucht um die Hindernisse zu bewältigen. Etwa 45 Minuten nach Verlassen des Dorfes Uchisar waren wir also wieder in: Genau, Uchisar. Wir entschlossen uns kurzerhand die Hauptstraße entlang zurück nach Göreme zu gehen. Atmosphärisch sicherlich kein Schmankerl, aber so kamen wir wenigstens sicher und noch im Hellen in Göreme an.
Nach einer erfrischenden Dusche spazierten wir zu einem Restaurant, was im Internet als einzige Sportbar bezeichnet wurde. Am Abend lief das Spiel Besikats Istanbul gegen Eintracht Frankfurt. Allerdings interessierte sich dafür hier niemand, da in Göreme wohl mehr Touristen als Einheimische zugegen sind. Ohne eine original, türkische Stimmung wollten wir uns das Spiel auch nicht ansehen und sind noch auf einen Absacker in eine andere Bar. Auf dem Heimweg stellten wir ohnehin fest, dass das Restaurant/Sportbar schon geschlossen hatte, obwohl das Spiel noch lief.
Lebensretter hautnah – Wenn jede Sekunde zählt
Am Abend führte mich Lisa ein Mal mehr etwas tiefer in die Welt ihrer Diabetes Typ 1 Erkrankung ein. Konkret ging es um die Gefahren und Risiken, die eine solche Krankheit nun mal mit sich bringen. Dass mich das Thema wohl mit in den Schlaf genommen hatte, spiegelte sich in folgender Situation mitten in der Nacht wieder:
Ein lauter Alarm ließ mich mitten in der Nacht aufhorchen. Es war Lisas Diabetes Alarm, der klingelt sobald ihre Werte in einen gefährlichen Bereich kommen. Da sie aufgrund meines Schnarchens und der Nähe zu mir aufgrund des geteilten Bettes allerdings Ohropax trug, vernahm sie den Alarm garnicht.
Meine Wenigkeit geriet allerdings total in Panik. Ich war in einer Schlafparalyse gefangen, sprich mein Körper ist noch in einem Zustand zwischen Wach sein und Schlaf, man kann sich aber nicht bewegen. Das ist mir bisher vielleicht 5 – 6 Mal im Leben passiert, so auch in dieser Nacht. Ich hörte also den Alarm und war der festen Überzeugung, dass der Alarm einen Herzstillstand signalisiert. Mit aller Macht wollte ich mich aus der Starre befreien, aber keine Chance, ich blieb regungslos wie ans Bett fesselt liegen. Panische Gedanken übermannten mich in dieser Situation. Wie kann ich ihr helfen, wenn ich mich nicht bewegen kann? Atmet sie noch? Schlägt ihr Herz noch? Wenn man sich in so einer Paralyse befindet, kann man nicht einschätzen, wie lange das Ganze dauert, ich schätze nur wenige Minuten. Jedenfalls versuchte ich klare Gedanken zu fassen. Wie befreie ich mich aus der Starre? Was sind die nächsten Schritte? Ich war erst kürzlich beim Erste-Hilfe-Kurs um Ersthelfer auf der Arbeit zu werden. Also war klar, was zu tun ist. Erster Check ob Lisa noch bei Bewusstsein ist, dann ob sie atmet und Puls hat.
Endlich war es so weit und die Starre meiner Schlafparalyse lies nach. Und in eben jenem Moment stürzte ich mich auf Lisa, eine Hand an der Schulter, die andere an ihrem Gesicht und rüttelte aus Panik vermutlich einen Ticken mehr als ich das im Erste-Hilfe-Kurs gelernt hatte. Lisa war dann anschließend so semi begeistert, dass ich sie mitten in der Nacht kräftig wach gerüttelt hatte und fragte mich mit erhöhter Stimme was denn mit mir los ist. In dem Moment wurde ich dann auch erst so richtig wach und war total schockiert. Ich war einfach froh, dass sie noch am Leben war und konnte die Reaktion und die ganze Situationen noch nicht greifen. Nachdem wir uns Beide 2 – 3 Minuten orientieren konnten, erklärte ich ihr, warum ich sie geweckt hatte, musste ich doch erst mal selbst verstehen, was da gerade passiert war. Immerhin hatte es wenigstens den Vorteil, dass Lisa etwas gegen ihren hohen Wert spritzen konnte. Bis ich mich von der Aktion erholt hatte und wieder eingeschlafen bin, hat es noch einen Moment gedauert. Mittlerweile ist es sowas wie ein Running Gag, dass es die Nacht in Göreme ist, in der ich Lisa das Leben gerettet habe..
Heißluftballons hautnah
Der nächste Morgen begann wieder gegen 5.30 Uhr, als Lisa und ihr Lebensretter – a.k.a Ich – unsere sieben Sachen packten und zu dem größten Startpunkt der Heißluftballons aufmachten. 15 Minuten Fußmarsch später waren wir am Ziel angekommen und die ersten Passagiere hebten in ihrem Korb schon vom Boden ab.
Da beim hosteleigenen Frühstück für Lisa nicht viel Auswahl dabei war und ich außer der Pastrami und dem Käse auch nicht viel Leckeres gefunden hatte, zogen wir ein Frühstück außerhalb der Unterkunft vor, welches auch wirklich überzeugen konnte.
Während Lisa sich zurück ins Hostel begab, kehrte ich noch für einen freshen Haarschnitt beim Barbier ein.
Ich taufe dich auf den Namen Simba
Wanderung Tag 2. Da mir seit einiger Zeit die Achillessehne Probleme bereitet und uns beiden noch etwas die 18 – 19 km vom Vortag in den Knochen steckten, wählten wir für diesen Tag ein kürzere Route aus. Die gestrige Route war schließlich ohnehin anstatt 12 km eher 18 km.
Insgesamt gefiel uns die Route sogar noch besser als tags zuvor, war sie noch abwechslungsreicher. Und viel Spaß hatten wir dabei auch:
Außerdem hatten wir einen super Spot für eine kurze Rast gefunden, der uns so sehr gefiel, dass aus der Rast mehr eine komplette Mittagspause with a view wurde.
Als wir einen schier unbezwingbaren Berg mit Hilfe eines dort angebundenen Seils heroisch erklommen, war es Zeit für einen epischen Moment. Mein Rucksack musste einen Namen bekommen und so präsentierte ich der Welt Kappadokiens in meinem eigenen Disney Moment a la König der Löwen meinen Wanderrucksack.
Sundowner & Allergien
Nach der wunderschönen Wanderung schaffte ich es endlich ein Bierchen in der Sonne auf unserer Dachterrasse zu trinken und erholte mich von 2 Wandertagen in Folge und genoss die Aussicht.
Danach stand wieder einer unserer Lieblingspunkte auf dem Programm: Durch die bezaubernde Stadt Göreme laufen, eins der ansprechenden Restaurants auswählen und natürlich Essen!
Das Restaurant war leider ziemlich teuer, die Portionen für uns Vielfraße zu wenig, aber geschmacklich über jeden Zweifel erhaben.
Unterdessen wurde Lisas Allergie stärker, ihre Augen juckten und sie musste unentwegt niesen. Wir flanierten den Berg hoch zu den gehobeneren Etablissements, die Gassen aus Stein und die in Lavagestein gefertigten Restaurants und Hotels ergeben ein malerisches Bild. Die märchenhaften Lichter der Stadt rundeten das Bild ab. Es hätte nicht schöner sein können. Auch Lisas Allergie wurde weiter oben in der Stadt viel besser. Zunächst hatte ich befürchtet, dass Lisa während unseres gemeinsamen Urlaubs eine Allergie gegen mich entwickelt hatte, aber der Grund waren wohl entweder Tiere oder Pflanzen, die man höher gelegen nicht mehr entdeckte. Bevor wir den Abend in unserer Stammbar ausklingen ließen, besorgten wir Lisa in der Apotheke noch etwas gegen die Allergie.
Und so fand mit dem letzten Tag und Abend unser Aufenthalt in Göreme und der Region Kappadokien ein wundervolles Ende. Weiter geht unsere Reise in ein paradiesisches Dorf namens Cirali, von dem ich dann beim nächsten Mal berichten werde..
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